Vezdekhod: Der erste russische Panzer

Begonnen von FrlFeldgrau, 15. Februar 2025, 12:10

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FrlFeldgrau

Hallo zusammen,

ich hoffe, ich habe diesen Beitrag nicht ins falsche Unterforum gepostet. Wenigstens stimmt der Begriff "Anfänger" in jeglicher Hinsicht. Um 1916 herum haben die Russen noch unter dem Zaren den ersten Panzer gebaut: Den Vezdekhod. Dieses bizarre Fahrzeug wird mittlerweile von der russischen Propaganda als erster Panzer weltweit dargestellt, doch das ist eher zweifelhaft. Vermutlich waren die Briten mit dem Prototypen "Little Willie" als erste dran.

Mir sind nur die angehängten Original-Fotos ohne Turm bekannt. Wer zufällig auf ein weiteres Foto stößt, hat in mir einen dankbaren Abnehmer. ;)

Jedenfalls gibt es von diesem Fahrzeug vom japanischen Kleinhersteller Chino Models in 1:35 ein sauteures und schwer zu kriegendes 3D-Modell. Wie so oft bei 3D-Modellen sind es wenige Teile. Hier ist eher Spachtelarbeit und Lackierung angesagt statt Kleberei. Im Folgenden poste ich die Bauabschnitte, und man wir bald sehen, warum das Teil von vornherein eine Fehlkonstruktion war.  :zwinker:

FrlFeldgrau

Wie man sieht, ist das Ding grundsätzlich schnell zusammengesetzt. Beim Bau ergeben sich deutliche Spalten. Zwar sieht das Fahrzeug auch auf den Original-Fotos richtig heftig zusammengetackert aus, aber im Modell wirkt das nicht mehr so gut.

Ich habe am Modell nur zwei Dinge verändert. Ersten musste ich einen der bereits angegossenen Handgriffe mit Draht nachbiegen, da mir der abgebrochen war. Zweitens gefällt mir das MG nicht und wirkt für mich auch zu klein für 1:35. Ich habe mir mit dem MG-Bausatz von MiniArt weitergeholfen. Top-Preisleistungsverhältnis und das Unternehmen schafft es allen Ernstes, im Spritzguss offene Mündungen darzustellen. Vergleichsfotos folgen.

Steffen.B.

@FrlFeldgrau

Ein wirklich hochinteressanter Baubericht, weil ein echter Exot von dem die Meißten sicher noch nie gehört haben.  :22:
Um so interessanter, wenn sich Jemand des Themas mit einem Baubericht annimmt.  :happy2:
Ich lese gespannt mit.
In meiner Funktion als Moderator habe ich dir das Thema mal in die Bauberichte verschoben.  :ThumbUp:
 Die Galerie ist nur zum Präsentieren von fertigen Modellen.  :zwinker:
Und noch ein Wort zu den drei Fotos im Eröffnungsbeitrag. Die sind ein Problem. Lies dir bitte unbedingt diesen kurzen Beitrag einmal durch : Thema Urheberrecht - WICHTIG ! ! !
Das ist nicht etwa, weil wir unsere Forenmitglieder ärgern wollen. Nein, uns als Forenleitung sitzt da ein rechtliches Problem im Nacken.

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

FrlFeldgrau

Hallo Steffen,

danke fürs Verschieben.

Und eine Anmerkung zum Urheberrecht: Als Journalist weiß ich durchaus, damit umzugehen. Bei den ersten drei Fotos handelt es sich um historische Dokumente. Das Urheberecht erlischt jedoch 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Da die Fotos und die Abbildung zwischen 1915 und 1916 aufgenommen sind, kann niemand mehr Urheberrecht geltend machen. Ich versuche  mich also durchaus, an rechtliche Bestimmungen zu halten.  :22:   

FrlFeldgrau

So, ich werde mich heute wieder dem Weltlichen zuwenden und abendlichen Vergnügungen hingeben.

Deswegen jetzt der letzte Bauabschnitt für heute - zunächst das grundierte Fahrzeug. Dann seht Ihr sicherlich trotz des schlechten Fotos, dass schon der Lauf des Maxim-MGs von MiniArt (rechts im Bild) deutlich besser ist als das Original. Das betrifft auch den Rest des MGs, der bei MiniArt ein aufgeklapptes Visier hat und im Originalmodell nichts. Vermutlich baue ich das Fahrzeug mit offenem Turm, so dass das MG wenigstens ein Detail ist.

Oftmals waren diese Türme bei Prototypen leer und da es damals weder Funk noch bei diesem Fahrzeug Sichtklappen gab, gehe ich davon aus, dass im Turm wenig zu sehen war außer das MG. Das ist allerdings spekulativ - ich kenne nur die beiden Fotos oben, also keine Aufnahme mit aufgesetztem Turm.

Schließlich seht Ihr die Unterseite des Fahrzeugs und da kann man sich nur wundern. Das Fahrzeug wird angetrieben durch eine breite Kette aus Metallgewebe. In einem anderen Prototypen sollen es drei nebeneinander liegende Ketten gewesen sein. Die beiden winzigen Räder links und rechts sollten die Richtung des Fahrzeugs steuern. Das ging natürlich grandios in die Hose. Das Fahrzeug lief schon - aber eben nur geradeaus und war nicht steuerbar.

Nun, wenn man das so sieht, würde man heute davon ausgehen, dass das jedem besseren Jugend-forscht-Teilnehmer bereits vor dem Bau von Prototypen aufgefallen wäre.  :lol:

Morgen mache ich mich an die Grundlackierung. Welche Farbe das Fahrzeug tatsächlich hatte, ist nicht mehr festzustellen. Ich werde ein Russisch-Grün verwenden, da es aus meiner Sicht das Plausibelste ist.

   

StuG

Welch witzig klein Ding du da präsentierst  :ThumbUp:
Noch nie was davon gehört oder gesehen.
Auch immer spannend was sich die Konstrukteure damals alles haben einfallen lassen um zum Ziel zu gelangen oder grandios zu scheitern. Aber nur Versuch macht Kluch.

Und weil ich ausgefallenes mag werde ich mir den weiteren Verlauf hier mit viel Interesse zu Gemüte führen.

Gruss
Wolfgang
Es gibt nichts was ein Modellbauer nicht hinkriegt....

Nornagest

Hallo,

Ich gesell mich mal dazu. Wo gräbt man sowas eigentlich aus?

Gruß Achim
Ein paar Modelle wollt ich bauen. jetzt bin ich damit soweit im Rückstand, das ich wohl ewig klebe.

Harald D.

Bis hierhin schön gebaut. So schlecht erscheint mir der Kit nicht zu sein.

Ich liebe ja ausgefallene Modell von Kleinserienherstellern. So habe ich vor ein paar Jahren die CSS Hunley von dem ukrainischen Hersteller Mikro Mir gebaut (das erste U-Boot das erfolgreich mit einem Torpedo ein Schlachtschiff versenkt hat).

Das war bis dahin der schlechteste Bausatz der mir in die Hände gekommen ist. Am Schluß waren nur noch die beiden Seitenhälften vom Bausatz übrig. Alles Andere habe ich komplett auf dem 3D Drucker nachkonstruiert.

Wenn ich mal die Zeit finde, muss ich es neben ein paar Baufotos hier einstellen.
Grüße von Harald

Steffen.B.

Zitat von: FrlFeldgrau am 15. Februar 2025, 15:24Da die Fotos und die Abbildung zwischen 1915 und 1916 aufgenommen sind, kann niemand mehr Urheberrecht geltend machen.
Korrekt. Das gilt bei Primärquellen. Etwas anders ist es jedoch, wenn aus Druckwerken/Internetquelle gescannt/fotografiert wird. Dann "klaut" man ja aus einem Druckwerk/Website und der Verlag steigt dir aufs Dach. Böse Grauzone und der besser bezahlte Anwalt gewinnt ...
Gut. Dann ist da noch die Grafik im Eröffnungsbeitrag. Das stammt mit Sicherheit aus einem Druckwerk oder einer Internetquelle.  :zwinker:

Vom leidlichen Juristischen abgesehen ; zurück zu deinem Bau.
Wie hast du diese klaffenden Spalten geschlossen ? Davon ist jetzt absolut nichts mehr zu sehen.  :7:

Apropos "Sehen". Auf dem letzten Bild sieht man noch Layer-Schichten vom 3D Druck. Ist das jetzt nur auf dem Foto oder sind die bei dir in real auch vorhanden ?
Das wäre ja echt eine Sauerei, wenn dir Chino Models bei den saftigen Preisen und den heutigen Möglichkeiten im 3D Druck noch Teile mit gut sichtbaren Layer-Schichten liefert.  :angst:

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

FrlFeldgrau

Hallo zusammen,

sehr viel außer dem Basis-Lack hat sich heute morgen noch nicht getan, wie Ihr seht. Wie Ihr ebenfalls seht, hat Steffen mit den 3D-Layern schon recht: Die sind leider zu sehen. Im Original kommt das zwar nicht ganz so rüber wie auf dem Foto, aber ärgerlich ist das schon.

Mit der Grundlackierung ist es abgeschwächt, und ich denke, ich kann es durch die weitere Bearbeitung soweit vertuschen, dass es ok ist. Trotzdem: Bei einem 3D-Modell für 100 Euro darf das eigentlich nicht vorkommen. Na ja, dafür sind wenigstens die Nieten sehr gut.

Dann zur anderen Frage, wie ich auf so eine bizarre "Gurke" überhaupt komme: Eigentlich will ich den "Tzar Tank" in 1:35 bauen. Derzeit gibt es das Ding aber nur in 1:72 von Kora Models zum totalen Mondpreis. Auf der Recherche, ob ich für das Modell einen Garagen-Hersteller auftreibe, bin ich eben auf den anderen Garagenhersteller gestoßen.

Ich lasse jetzt erstmal die Farbe trocknen, spiele eine Runde World of Tanks und überlege dann, ob ich mit dem Russisch-Grün eine Farbmodulation mache oder klassisch mit Öl, Wash & Filter die Alterung mache. Fortsetzung folgt.
 

FrlFeldgrau

#10
Zitat von: Steffen.B. am 15. Februar 2025, 20:46Wie hast du diese klaffenden Spalten geschlossen ? Davon ist jetzt absolut nichts mehr zu sehen.  :7:


Die Spalten habe ich mit einem Wachsspachtelgerät geschlossen. Das Ding ist von einem deutschen Kleinhersteller, der unter dem Namen Rai-Ro firmiert hat. Dummerweise ist der Herr mittlerweile in Rente, und mit geht langsam der Wachsspachtel aus. Im Grunde handelt es sich um einen Lötkolben, bei dem man auch sehr niedrige Temperaturen einstellen kann. Dazu gibt es speziellen Wachsspachtel. Ob einfaches Wachs auch geht, kann ich derzeit nicht beurteilen. Aber: Es gibt aus meiner Sicht eigentlich überhaupt keine bessere Spachtel-Möglichkeit, wenn es um größere Arbeiten geht (also eher nicht für Figuren). Das Wachs verläuft erstmal hervorragend in die Ritzen und dann kann man die Fläche ganz simpel mit einer groben Schleifwolle glätten. Dadurch raut sich auch die Oberfläche auf und die Grundierung hält. Wenn Ihr dieses Gerät irgendwo noch auftreiben könnt - ich kann es nur wärmstens empfehlen. 

StuG

Also DASS ist jetzt Schade mit RaiRo.
Hab da immer wieder mal eingekauft und auch auf Ausstellungen war er immer mal anzutreffen.
Wieder einer weniger  :down:
Es gibt nichts was ein Modellbauer nicht hinkriegt....

FrlFeldgrau

Der Vezdekhod nähert sich der Fertigstellung. Ich habe jetzt etwas mit der Airbrush herumgespielt und dieser Panzer dient mir als Übungsobjekt für Verblendungen. Ich bin wirklich nicht geübt mit der Airbrush, und wer da ein bisschen mehr Erfahrung hat, kann das Ganze sicherlich Freihand. Hier ging es um eine Modulation, also die individuelle Aufhellung der einzelnen Panzerplatten.

Das letzte Bild zeigt das Ergebnis der Airbrush-Arbeit als Basis für Öl, Filter & Wash. Fortsetzung folgt.

FrlFeldgrau

So, und nun zur Abteilung Unfälle und bizarre Fehler.

Zunächst einmal habe ich lange mit mir gerungen. Das Original-MG im Turm hat mir qualitativ nicht ausgereicht. Also habe ich es durch ein Maxim 1910 von MiniArt getauscht und nach meinen Möglichkeiten liebevoll bemalt.

Bis mir dann doch aufgefallen ist, dass die MG-Aufhängung einfach nichts mit dem Original zu tun haben kann. Bei jedem anderen grotesken Fahrzeug aus dieser Zeit sind da regelrechte Mini-Lafetten angeschweißt, wogegen es hier wirklich nach einem Snap-Together-Bausatz aussieht. Trotz sorgfältig ausgemalten Innen-Turm mit Wash und Abrieb und dem liebevoll auch hinten bemalten MG habe ich mich schweren Herzens dazu durchgerungen, das Fahrzeug doch mit geschlossenem Turm darzustellen. Da spielt auch der Gedanke mit hinein, dass ich keinen passenden Kommandanten bzw. Fahrer habe, den ich in den Turm stellen könnte.

Und der zweite Fehler ist so ein Lachwitz, dass das selbst mir noch nicht passiert ist. Ihr habt gesehen, dass an der Front des Fahrzeugs eine längliche Ausbuchtung ist. Ich habe bis zur 2. Farbschicht überhaupt nicht geschnallt, dass das so gar nicht Designbestandteil ist, sondern dass da ein Teil einfach herausgebrochen ist. Meine Güte, ab welchem Alter fängt Demenz eigentlich an?  :bonk:

Jedenfalls habe ich ein Stück Plasticard zurechtgeschnitten und unter die fehlende Stelle geklebt, um eine Basis für Spachtel zu haben. Dann habe ich den Bereich mit Perfect Plastic Putty gespachtelt und verschliffen. Und das beim weitgehend fertig lackierten Modell. Okay, die Form ist derart ungewöhnlich, dass das auf den ersten Blick nicht auffällt, aber ich habe mir ja vorher Original-Fotos und wenn möglich auch andere Modelle angesehen. Da hatte ich wohl echt einen Aussetzer.  :lol:

Jedenfalls seht Ihr auf dem letzten Foto die verschliffene Stelle. Zum Glück nimmt Perfect Plastic Putty Acrylfarben sehr gut an, so dass ich nicht nochmal grundieren musste. Das Ergebnis sehr Ihr im folgenden Post und ich habe die stille Hoffnung, dass Euch dieser Lapsus gar nicht aufgefallen wäre, hatte ich die Klappe gehalten.  :zwinker: 

 

FrlFeldgrau

So, und jetzt ist der Kamerad so gut wie fertig. Ich habe aber noch keine Verschmutzungen oder Verstaubungen angebracht, weil ich mir noch nicht über die Vignette im Klaren bin.

Der Panzer hat also eigentlich nur Grundierung --> Modulation mit Airbrush --> Ölfarbe zur Verblendung (Oilwasher Buff), Filter (Brown for Green Camouflage) --> leichte Übernebelung mit Russian Green Base zur Verblendung. Dann habe ich Glanzlack verwendet, damit die Emaille-Farbe für das Panel Lining und die Nieten besser fließen (Tamiya Panel Liner Black). Dann Ultra-Matt und leichte Streaking-Grime-Effekte. Mit Rost habe ich mich bewußt zurückgehalten. Das Fahrzeug war wohl nur von Mai bis höchstens Dezember 1915 unterwegs und wurde danach verschrottet.

So, und jetzt kommt das nächste Problem: Das Teil sieht so skurril aus, dass man zumindest eine Figur zum Größenvergleich haben sollte. Ich werde also doch eine kleine Vignette rundherum bauen. Dazu muss ich aber noch klären, wo ich zaristische Russen herkriege - und ich brauche eine Idee für ein Motiv, das auch etwas erzählt.


FrlFeldgrau

Aaargh, Andi, das russische MG-Team von ICM ist ja genial! Die habe ich glatt übersehen und speziell beim Schützen müsste man nur ein bisschen fummeln und hätte den in den Turm stellen können. Schade, dass ich den jetzt wirklich bombenfest schon zugekleistert habe.  :29:


Alle anderen Kits kenne ich und speziell die von CSM habe ich auch, aber die eignen sich nicht ganz dafür, was ich vorhatte. Um einen Figurenumbau komme ich wohl nicht herum - der Allmächtige stehe mir und meinen Modellier-Wurstfingern bei. Entweder ich zeige den Vezdekhod bei einer Panne, zum Beispiel mit dem Meldereiter von CSM, oder wie er einen Graben überquert, im Hintergrund Zuschauer. Wegen dieser Unklarheit habe ich auch noch keine Verschmutzung gemacht. 

Steffen23

Hallo Frl. Feldgrau,
Du liefert hier eine 1a Sahnearbeit ab... die Modulation ist Dir hervorragend gelungen, das skurrile Ding sieht jetzt schon fantastisch aus!!!
Und natürlich hast Du recht: den halbrund Ausbruch hätte niemand bemerkt!!!! :denk:

Wirklich eine wunderbare Arbeit hier... macht grosse Freude Dir zuzusehen ... Zumal mir auch Dein Schreibstil gefällt!  :gut:

WEITER SO!!!!

Steffen  :1:
Man kann alles sagen - freundlich und mit Respekt .
Derzeit im Bau: A-26B Invader

FrlFeldgrau

Oh, vielen lieben Dank!  :shakehands:

Ich muss ja immer damit vergleichen, was ich vorher zustande gebracht habe, und bislang ist das Ergebnis auch für mich erfreulich. Ich muss mir das immer in Erinnerung rufen, wenn ich die genialen Modelle hier im Board so sehe.  :azn:

Das, was mich aber jetzt wirklich psychisch zugrunde richtet, ist @Steffen.B. ´s völlig richtiger Hinweis auf die sichtbaren 3D-Druck-Aufschichtungen.   :zwinker: Ich habe jetzt alles mir Mögliche ausprobiert, um das über die Lackierung abzumildern. Nun sieht man es nur noch unter bestimmtem Lichteinfall und wenn man es weiß - und das ist ja das Schlimme! Ich weiß es jetzt und es macht mich fertig.  :lol: