ICM 35514 "Studebaker US6 U4 WW II Army Truck" 1:35

Begonnen von Steffen.B., 20. Juni 2020, 00:21

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Steffen.B.

Anbieter :
ICM

Bausatz :
35514 "Studebaker US6 U4 WW II Army Truck"

Maßstab :
1:35

Erschienen :
2010

Verfügbarkeit :
aktuell immer noch im Handel, Preise variieren zwischen 25€ und 30€ je nach Bezugsquelle

Bespechung :



Nimmt man den Stülpdeckel ab, blickt man auf einen Karton mit Klappdeckel.


Der Anblick beim Öffnen.


DIN A4 Faltblatt mit Hinweisen ...


... und den Gestaltungsvorschlägen auf der Rückseite.


Der Bauplan im A5 Format.


Nassschiebe-Bogen.


Alle Spritzlinge sind knackig in einem Beutel verpackt, da bewegt sich nichts.


Das Pritschen-Verdeck ist gar nicht mal zu verachten.


Man ist versucht, die Ösen aufzubohren und das Verdeck mit der Pritsche zu verzurren.


An der Innenseite sind Aussparungen für die Spriegel.


Klarsicht-Teile ... werden erst beim Bau ausgepackt. Sie könnten sonst zu leicht unabsichtlich verkratzt werden.






Spritzling B mit den Teilen für das geschlossene Führerhaus.


Türgriffe für innen & außen sowie Fensterkurbeln. Sehr schön.


Das Armaturenbrett, man erkennt im geschwungenen Design den zivilen Ursprung. Militär ist sonst nicht so elegant.


Das Lenkrad ist ein Sahnestückchen - sehr filigran. Es stellt die späte Variante mit einem Ring aus Tenite (ein thermoplastisches schwarzes Material) und Speichen aus Metall dar. Die frühe Variante war komplett aus Tenite mit dickeren Speichen und massiverem Mittelstück. Der Wechsel war irgendwann 1942 oder 1943, das ließ sich nicht heraus finden.


Spritzling D mit den Teilen für die Holzpritsche.


Die Bohlen der Ladefläche waren üblicherweise aus Eiche mit Metallstreifen dazwischen.


Die Bordwände ; ebenfalls aus Holz mit Metallbeschlägen. Wie auch bei der Ladefläche ist hier keinerlei Holzstrukur dargestellt. Allerdings ist das kein Fehler ; gehobelte Bohlen/Bretter sind glatt. Und mit 'Olive Drab' lackiert, ist auch keine Holzstruktur zu erkennen - schon gar nicht in der 35-fachen Verkleinerung.
Beachte hinten an den Bordwänden die runden Katzenaugen - am Original in rot.


Spritzling E mit Traversen sowie Stirnseite und Heckklappe der Pritsche.
Unten an der Stirnseite ist die vorderste Traverse angegossen. Daran befinden sich zwei nach vorn weisende Katzenaugen, am Original bernsteinfarben. Sie waren jedoch nicht flach, sondern erhaben mit "pickliger" Oberfläche - ähnlich wie die "Noppenstruktur" wie an heutigen roten dreieckigen Katzenaugen.


Ein Kritik-Punkt ist die hinterste Traverse. Die Klappe der Werkzeugkiste in der Mitte ist akzeptabel. Aber die Rücklichter gehen gar nicht ! Am Original sind links & rechts Bleche angeschlagen, welche Bohrungen haben. Hinter diesen Bohrungen sind Standard-Rückleuchten angebracht. Und eben diese Rückleuchten sind miserabel dargestellt. Wer Ersatz hat, bohrt auf und setzt Sherman Rückleuchten dahinter. Noch besser ; einen Ätzbogen für die Bleche verwenden oder aus 0,2mm Plastik-Karte neu anfertigen.


Am linken Blech ist rechts vom Rücklicht noch ein rotes Katzenauge. Beim Original war die Ringeinfassung des Katzenauges einen Ticken breiter und mit vier Schrauben versehen. Zudem war das Katzenauge nicht flach, sondern etwas nach außen gewölbt. Gleiches gilt übrigens auch für die beiden Katzenaugen an der Heckklappe der Pritsche sowie seitlich hinten an den Bordwänden.


Spritzling K


Spritzling C


Die Vorderräder mit der für den TIMKEN Antriebstrang typischen flachen Radnabe.


Beim vorherigen Bausatz ICM 35361 Studebaker US6 U3 (also der gleiche, nur ohne Winde) waren beim Reifenprofil die Stollen noch fälschlich auf einer Höhe. Hier beim Bausatz ICM 35514 ist das Profil nun korrigert und die Stollen sind versetzt mit dem Mittelstreifen im Zick-Zack-Muster.


Die Rückseiten der Räder mit Felgenring und Reifenwand weisen ebenfalls feine Beschriftungen auf.


Hingegen geben die Innenseiten der inneren Reifen der Hinterachsen Rätsel auf. Dass keine Beschriftungen vorhanden sind - Schwamm drüber, man sieht es dort 'eh kaum. Aber was soll dieser seltsame Achsstummel und wo sind die Bremstrommeln ? Um das zu korrigieren, muss man nach Bildvorlage gravieren und diesen "Achsstummel entfernen.


Auch am Reserve-Rad fehlen die Beschriftungen. Nicht weiter schlimm, unter der Pritsche verstaut sieht man davon 'eh nur das Reifenprofil.


Spritzling A


Die wesentliche Elemente des TIMKEN Antriebsstranges sind als ein großes Teil gegossen.
In Bauberichten wird dies als Vorteil gesehen, da so beim Bau des Modelles garantiert alle Räder den Boden berühren.


Spritzling G besteht einzig und allein nur aus diesem Bauteil. In Bauberichten des vorherigen Bausatzes ICM 35361 wird aufgezeigt, dass das Führerhaus-Dach nicht passgenau zur Führerhaus-Rückwand ist. Es bleibt ein Spalt von ca. 1,5mm, welchen man idealerweise während des Trockenanpassens mit Plastik auffüttern sollte. Keine Ahnung, ob ICM mit diesem Bausatz 35514 das Führerhaus-Dach ebenso wie die Reifen auch korrigiert hat. Man sei also gewarnt und passe trocken an !



Fazit:
Alles in Allem ein herrlicher Bausatz. Kleine Schwächen im Detail kann man mit Zubehör bzw. Eigenbauten beheben.
ICM hat hier einen späten Studebaker US6 U4 ab ca. Mai 1944 auf die Räder gestellt. Dem Modell liegt die Holzpritsche bei. Es sollte jedoch die zu dieser Zeit eingeführte späte geschraubte Stahlpritsche sein.
ICM's Kombination eines späten US6 mit Holzpritsche ist zwar theoretisch möglich. Jedoch habe ich noch kein einziges Foto eines späten US6 mit Holzpritsche gefunden.
Das kann man nun für sich als "Übergangsphase" abtun, sich einfach nicht daran stören, oder ... man besorgt sich den ITALERI 205 "Cargo Tuck GMC 6x6 2 1/2 TON" Bausatz. Dem liegt nämlich die Stahlpritsche bei, wo es zum offenen Führerhaus die Holzpritsche sein sollte. Also einfach die Pritschen zwischen den Bausätzen tauschen und es passt für beide.

Die Stahl- und Holz- Pritschen bei GMC CCKW und Studebaker US6 waren jeweils gleich und kamen vom selben Zulieferer, der Edward G. Budd Manufacturing Co. Der einzige Unterschied an den Stahl-Pritschen waren die Aussparungen für die Tankstutzen. GMC CCKW mit Tank rechts, Studebaker US6 mit Tank links. Wobei es einzelne Originalfotos von Studebaker US6 gibt, welche eindeutig eine Stahlpritsche mit Aussparung für GMC CCKW Tankstutzen haben. Feldwerkstatt oder Ausgleichslieferung der Zulieferers an den anderen Lkw-Hersteller ?

Wenn mal also die Pritschen zwischen ICM Studebaker und Italeri GMC tauscht, kann man die Aussparungen der Stahlpritsche anpassen. Man muss es aber nicht.

Kurzum : ein schöner Bausatz mit Potential. Man kann ihn aus dem Karton bauen und Spaß dabei haben. Wer es genau nimmt, tauscht die Pritschen, verwendet Ätzteile, Katzenaugen von SKP Model und modifiziert die Innenseiten der Hinterachsen (Stichwort: Bremstrommeln) bzw. nimmt gleich Resin-Räder.

Kurzhistorie Original:
Studebaker baute schon vor dem 2. Weltkrieg Lastkraftwagen und war bekannt für seine zuverlässigen Fahrzeuge.
Mit der rasant voran getriebenen Motorisierung der US Army trat man an Studebaker heran, um den Bedarf an mittleren Lastkraftwagen zusammen mit den GMC Lkw zu decken. Also entwarf Studebaker auf Basis seines zivilen Lkw der M-Serie die militärische US6 Serie. Zwischenzeitlich meldete die verbündete Sowjetunion dringenden Bedarf an. So entschied die USA, die Masse der Studebaker US6 Produktion an die Sowjetunion zu liefern und den GMC CCKW als eigenen Standard zu behalten. So waren dann auch die Sowjets die Hauptabnehmer der Studebaker US6, gefolgt von den Briten welche hauptsächlich Sattelzugmaschinen Studebaker US6 U6 erhielten.
Alle Varianten zusammen wurden insgesamt 219.882 Studebaker US6 gebaut. Durch die US Army abgenommen wurden 215.863 Fahrzeuge. Die Differenz von rund 4.000 Fahrzeugen erklärt sich womöglich durch das Kriegsende und die hierdurch am 08. Mai 1945 eingestellten Lieferungen an die Sowjetunion. Es ist unklar, ob diese letzten Fahrzeuge nicht mehr an die US Army ausgeliefert oder nicht mehr abgenommen wurden.

Um die Verträge zu erfüllen, baute REO Motors Inc. als Subunternehmer von 1944 bis 1945 genau 22.204 Stück des Studebaker US6 U3. Diese Fahrzeuge waren vollkommen identisch zu denen aus dem Studebaker Werk und unterschieden sich lediglich in der Hersteller-Plakette am Rahmen vorn links unter dem Kotflügel (hinter dem linken Vorderrad gelegen) .

Die Untervarianten des Studebaker US6 wurden zur Unterscheidung mit einem Suffix versehen :

U1 kurzer 148inch Radstand, Pritsche, ohne Winde, nur 1941 gebaut,
U2 kurzer 148inch Radstand, Pritsche, mit Winde, nur 1941 gebaut
U3 langer 162inch Radstand, Pritsche, ohne Winde, 1941 bis 1945 gebaut
U4 langer 162inch Radstand, Pritsche, mit Winde, 1941 bis 1945 gebaut
U5 langer 162inch Radstand, 750 gal. Benzin Tankaufbau, ohne Winde, 1941 bis 1942 gebaut
U6 kurzer 148inch Radstand, Sattelschlepper-Zugmaschine, ohne Winde, 1942 bis 1945 gebaut, nur 6x4 Hinterachsantrieb
U7 langer 162inch Radstand, Pritsche, ohne Winde, 1942 bis 1945 gebaut, nur 6x4 Hinterachsantrieb
U8 langer 162inch Radstand, Pritsche, mit Winde, 1942 bis 1945 gebaut, nur 6x4 Hinterachsantrieb
U9 langer 162inch Radstand, ohne Nutzaufbau ausgeliefert für Sonderaufbauten, ohne Winde, 1942 bis 1945 gebaut
U10 kurzer 148inch Radstand, Kippmulde mit Heckkipper, mit Winde, nur 1943 gebaut
U11 kurzer 148inch Radstand, Kippmulde mit Heckkipper, ohne Winde, nur 1943 gebaut
U12 kurzer 148inch Radstand, Kippmulde mit Seitenkipper, mit Winde, nur 1943 gebaut
U13 kurzer 148inch Radstand, Kippmulde mit Seitenkipper, ohne Winde, nur 1943 gebaut

Studebaker baute mit der Entwicklung des US6 auf bewährter Technik auf. So gab es während der gesamten Bauzeit auch nur wenige bauliche Veränderungen. Im Wesentlichen waren das nur ein paar kleinere Vereinfachungen sowie Änderungen wegen knapper Rohstoffe.

Der GMC CCKW ist vor Allem mit seinem offenen Führerhaus mit Stoff-Verdeck bekannt. Tatsächlich wurde dieses offene Führerhaus von Studebaker auf Betreiben der US Army entwickelt. Studebaker selbst baute nur wenige US6 mit offenem Führerhaus von Mitte Dezember 1942 bis Mitte März 1943, da die Sowjetunion als Hauptabnehmer wegen des kalten Klimas weiterhin die geschlossenen Führerhäuser wollte.
Ursprünglich wurden Studebaker US6 und GMC CCKW mit einer geschweißten Stahl-Pritsche ausgeliefert. Wegen platzsparender Verschiffung verbaute Studebaker ab 1941 geschraubte Stahlpritschen. Kriegsbedingt war Stahl knapp und eine hölzerne Pritsche wurde von Studebaker entwickelt und von Anfang 1942 bis 1944 verbaut, welche auch auf dem GMC CCKW verwendet wurde.
Ab April 1943 wurden demontierbare Bremstrommeln eingeführt, so dass zur Bremsenwartung nicht mher die komplette Radnabe entfernt werden musste.
Im Sommer 1943 wurde bei den US6 mit langem Radstand der Rahmen durch eine zusätzliche Traverse verstärkt (von 5 auf nun 6 Traversen).

Alle 6x4 Modele erhielten ab Anfang 1944 ein neues Verteilergetriebe mit einem Schalthebel, welcher einen niedrigen Gang mit 2.6 Übersetzung erlaubte. (Die 6x4 Fahrzeuge waren für reinen Straßenbetrieb mit Nutzlast bis zu 5ton ausgelegt. Die 6x6 Allrad durften bis 2,5ton Nutzlast im Gelände und auf unbefestigten Straßen.)
Gegen Mai 1944 wurden die Scheibenwischer nicht mehr am Führerhaus-Dach angebracht, sondern jetzt direkt am klappbaren Frontscheiben-Rahmen.
Irgendwann im Frühjahr / Sommer 1944 führte Studebaker die geschraubte Stahl-Pritsche wieder ein. Einziger Unterschied zur vorherigen war, dass in der vordersten Pritschen-Traverse nun keine Bohrung mehr für den Tankstutzen war. Denn der Tankstutzen war mit der Einführung der Holzpritsche von vorn zur Seite gewandert.
Kein US6 verließ das Werk mit dem 'Pioneer Tool Rack'. Ungefähr Juni 1944 sollten diese Werkzeugträger von den Einheiten selbst nachgerüstet werden. Ab dem gleichen Monat wurde bei den Fahrzeugen ohne Frontwinde die Stoßstange um 18cm weiter nach vorn gesetzt. Damit sollten Schäden am Kühler vermieden werden, wenn der Lkw andere Fahrzeuge schiebt.

Nachwort :
Ich habe oben in der Besprechung den TIMKEN Antriebsstrang erwähnt (umgangssprachlich als 'split axles' bekannt). The Timken Company war und ist (die Firma gibt es immer noch) Experte für Lager und Antriebsübertragung, man lieferte damals Lager, Achsen und ganze Antriebsstränge an alle möglichen Kraftfahrzeug-Hersteller. Auch die Studebaker US6 hatten Timken Antriebsstränge verbaut. Das umfasste die Achsen, Federpakete mitsamt Aufhängung, Antriebswellen, Zwischenlager und Verteilergetriebe.
Bei den GMC CCKW wurde ab 1941 parallel auch ein Konzern-eigener Antriebstrang von Chevrolet verbaut (umgangssprachlich auch als 'banjo axles' bekannt) was ca. 50% der Produktion ausmachte. Bei Studebaker blieb es bis zuletzt ausschließlich beim Timken Antriebsstrang.

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

Joefi


richtfunker

Dem kann ich nur beipflichten! Sollte ich nochmal einen Bausatz vorstellen, nehme ich diesen Beitrag als Vorbild.

Diesen Bausatz habe ich auch auf meiner Wunschliste. Habe gelesen, dass diese LKWs bei den sowjetischen Soldaten sehr beliebt waren.
Viele Grüße
Christoph

Steffen.B.

@richtfunker
Die eigenen untermotorisierten Lkw der Sowjets waren Kopien ziviler ausländischer Lkw auf dem technischen Stand der 1920-er Jahre. Deren modernster Lkw, der ZIS-5 war eine verbesserte Version der AMO-2 und AMO-3 Lkw, welche lizensierte Kopien des US-amerikanischen Autocar Dispatch SA Lkw waren. Die GAZ-AA und GAZ-MM waren Kopien des US-amerikanischen Ford AA Lkw.
Mit diesem veralteten und für militärische Zwecke ungeeignetem Gerät gingen die Rotarmisten in den 2. Weltkrieg.
Dann kamen per Led-Lease die US-amerikanischen "Studer", auf dem allerneuesten technischen Stand der 1940-er Jahre und zudem noch robuste Militärtechnik mit kräftigen Motoren. Davon waren die Rotarmisten natürlich hellauf begeistert. Der "Studer" wurde in solchen Mengen importiert, dass viele Sowjets glaubten, er wäre ein einheimisches Produkt. Stalin höchstpersönlich schrieb einen Brief an Studebaker, in dem er die Robustheit und Zuverlässigkeit des Studebaker US6 in den höchsten Tönen lobte und seine Begeisterung zum Ausdruck brachte.
Wie es damals Art der Sowjets war, wurde natürlich auch der Studebaker US6 kopiert. Der ZIS-151 ist nichts Anderes als eine zeitgemäße Kopie des US6.

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

richtfunker

Ich habe mal recherchiert und habe leider feststellen müssen, dass der Italeri-Bausatz 205 momentan gar nicht so leicht zu bekommen ist. Keiner der großen Shops hat in auf Lager. Bleibt nur Ebay oder Warten auf eine Neuauflage.

Zu den Leih- und Pacht-Verträgen mit der Sowjetunion: Meiner Ansicht wird der Aspekt der LKWs bei der Diskussion meistens vernachlässigt, ob Lend-Lease für die Ostfront wirklich so ausschlaggebend war. Dabei werden oft nur die Panzer-Lieferungen betrachtet. Viel wichtiger waren wohl in erster Linie die LKWs, in zweiter Linie der Sprengstoff für die Herstellung von Granaten, Fliegerbomben usw.

Ohne Ersteres wäre eine Offensive wie Bagration im Sommer 1944 längst nicht so erfolgreich gewesen. Es ist eine Sache, mit massiven Artillerie-Schlägen und konzentrierten Panzerangriffen einen Durchbruch zu erzielen, aber ohne die entsprechende Logistik "verhungert" so ein Angriff irgendwann. Beispiel: die Folge-Offensiven nach Stalingrad (Stern und Galopp). Zumindest ist das mein Eindruck.

Anderes Beispeil: der Kessel von Tscherkassy. Der Winter 1943/44 war viel früher vorbei als sonst, d.h. die Schlammperiode setzte schon im März 44 ein. Trotzdem kamen die rote Armee logistisch damit besser zurecht als die Wehrmacht, wohl auch wegen der geländegängigen 6x4-LKWs aus US-amerkanischer Fertigung.

Was meint ihr dazu?
Viele Grüße
Christoph

Steffen.B.

#5
Die amerikanischen Lkw wurden in den Iran verschifft und von dort aus fuhren sie in endlosen Kolonnen Richtung Sowjetunion. Bei der Gelegenheit führten sie auch gleich alle mögliche Ladung mit. Diese Route wurde der "Persian Corridor" (deutsch: der Persische Korridor) genannt, mit eigenem US-Kommando vor Ort, welches diese Logistik koordinierte. Die Sowjetunion wurde durch die westlichen Alliierten in großen Mengen mit so ziemlich Allem beliefert ; Fahrzeuge, Rohstoffe, Kleidung, Waffen, Munition, Nahrung, medizinische Güter ... kurzum ; mit Allem was man zum Unterhalt einer kriegsführenden Armee brauchte. Denn die damals rückständige Industrie & Wirtschaft der Sowjetunion war dazu allein selbst nicht in der Lage.
Ohne diese umfassende Unterstützung, wäre die Sowjetunion 1941/42 von der Wehrmacht überrannt worden. Die alliierten Lieferungen der Panzer allein hätten das nicht gestoppt. Ein Panzer braucht Treibstoff, Betriebsstoffe und Ersatzteile, seine Besatzung braucht Lebensmittel und andere Produkte. Ohne Nachschub und geeignete Transportmittel bringt dir der beste Panzer nix.
Für damalige Verhältnisse war die Geländegängigkeit und Robustheit der Studebaker US6 legendär. Diese Lkw haben einen gehörigen Anteil an den Erfolgen der Roten Armee. Stalin war sich dessen offenbar bewußt, sonst hätte er wohl kaum den Dankesbrief an Studebaker geschrieben.

Damals wie heute spielt eine effektive Logistik in militärischen Konflikten eine elementare Rolle. Und dazu gehören eben auch vernünftige Transportmittel.

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

Rafael Neumann

Steffen, bei dieser Art von Vorstellung kann man tatsächlich noch einiges dazulernen. Von diesem persian corridor habe z.B. ich noch nie was gehört.
Viel mehr an Hintergrundinformationen geht also fast gar nicht ...  :gut:
Top Arbeit.

Schöne Grüße
Rafael
Wenn ich mal sterbe, hoffe ich, dass meine Frau die Bausätze nicht zu den Preisen verkauft, die ich Ihr genannt habe ...

Steffen.B.

Hallo Rafael.

Danke für die Lorbeeren.  :5:

Den "Red Ball Express" kennen sicher die Meißten. Typisch und Sinnbild für ihn sind die GMC Lkw, obwohl dort auch (in deutlich kleineren Mengen) Autocar und andere Lkw Marken vertreten waren. Er war mit ca. 250km nicht extrem lang, existierte gerade mal  für 83 Tage und führte größtenteils über gut ausgebaute französische Straßen von Depots in der Normadie bis hinter die Frontlinien. Es wurden 5.958 Fahrzeuge & Anhänger eingesetzt, welche insgesamt 412.000 Tonnen militärische Güter und vor Allem Treibstoff bewegten.

Der Studebaker ist das Sinnbild für den "Persian Corridor". Auch wenn der allgemein nicht so bekannt ist, war diese Route doch um ein wesentlich Vielfaches länger und nicht minder gefährlich (Fahrfehler konnten tödliche Unfälle verursachen, Ärger mit lokalen Stämmen). Genau genommen, besteht der Persische Korridor aus mehreren Routen von Häfen im Iran (Bushehr und Bandar Shahpur) und im Irak (Basra und Umm Qasr) ausgehend, welche sich bei Abadan/Iran vereinigten und von dort aus über mehrere iranische Städte nach Teheran führten. Diese Route wurde von den USA betrieben, ab Teheran übernahmen die Sowjets den Rest der Strecke über Aserbaidschan in die Sowjetunion.
Das Commonwealth unter den Briten und die USA transportierten über diese Route in viereinhalb Jahren 5 Millionen Tonnen Nachschub und militärische Güter in die Sowjetunion.

Der Alcan (Alascan Highway) mit mehr als 2.200 km ist untrennbar mit dem Studebaker US6 verbunden. Schließlich wurde er mit ihnen überhaupt erst ab März 1942 gebaut, um die Versorgung mit Öl für den Krieg sicher zu stellen.
Und die Ledo-Burma-Road von Ledo in Indien nach Kunming in China mit 1.902km zur Versorgung der verbündeteten Nationalchinesen unter Chiang Kai-Shek gehört auch zur Legende des Studebaker US6. Die Studebaker (zusammen mit GMC) kamen auch hier ab 1942 beim Bau und schließlich bei Versorgungsfahrten zum Einsatz.

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daleil

Schließe mich Rafael an, tolle Vorstellung und vorallem vielen Dank für die tolle geschichtliche Aufarbeitung!

Gruß
daleil
www.daleil.de

Lebenslang Grün-Weiß!

richtfunker

Das mit der Tauschaktion der Pritschen lässt mich nicht mehr los...

Nachdem es den Bausatz von Italeri momentan nirgends zu kaufen gibt, wäre denn Tamiya 35218 eine Alternative? Scheint ebenenfalls eine Holzpritsche zu haben.
Viele Grüße
Christoph

Steffen.B.

@richtfunker
Ja, der TAMIYA 35218 hat auch eine Holzpritsche. Damit ist dir nicht geholfen. Da würdest du Holzpritsche gegen Holzpritsche tauschen.

Du musst aber nicht zwingend den ITALERI 205 zum Pritschentausch nehmen. Der ITALERI 271 geht genau so. Beide Bausätze haben die Stahl-Pritsche im Karton.
ITALERI 271 ist ja der Bausatz mit geschlossenem Führerhaus. Und das geschlossene Führerhaus wurde parallel zum offenen Führerhaus noch 8 Monate weiter verbaut. Die hatten dann nach aufbrauchen der letzten Stahlpritschen auch die Holzpritsche. Guckst du :
http://img.photobucket.com/albums/1003/jmehner/SMT/US_CCKW353_26.jpg
https://en.wheelsage.org/gmc/cckw/353/gallery/zzklnq
Es gab im Verhältnis zu den riesigen Produktionszahlen nicht viele geschlossene Führerhäuser mit Holzpritsche, aber es gab sie.
Den ITALERI 271 findet man noch öfter bei ebay.  :23:

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

richtfunker

OK, da bin ich glatt durcheinandergekommen mit den Pritschen...

Ich schau mal, ob ich den Italeri-Bausatz auftreiben kann.
Viele Grüße
Christoph


Steffen.B.

Bedenke aber, wenn du die Pritschen tauscht ; die Stahlpritschen bei GMC und Studebaker waren bis auf die Aussparungen für die Tankstutzen identisch.
ITALERI hat beim GMC Bausatz fälschlich schon die Bohrung für den Studebaker Tankstutzen (siehe roter Pfeil im Zitat) in der vordersten Traverse. Da muss du nur noch den Tankstutzen durchführen. An der rechten Bordwand unten muss die Aussparung für Studebaker verfüllt werden (siehe zweiter roter Pfeil im Zitat)
Nachfolgendes Originalbild (nach dem Zitat) ist nicht das Beste, aber du kannst die Rohrführung des Tankstutzens in den Tank erkennen.

Zitat von: Steffen.B. am 22. Juni 2020, 00:53

Beim historischen Original waren die Stahlpritschen von GMC CCKW 353 und Studebaker US6 vom gleichen zuliefernden Hersteller Edward G. Budd Manufacturing Co. und im Grunde identisch. Einziger Unterschied waren die Öffnung für den Tankstutzen in der vordersten Traverse beim Studebaker (Tank links am Rahmen) und die Aussparung in der Seitenleiste der Pritsche rechts beim GMC CCKW 353 (Tank rechts am Rahmen).
Diese runden Dinger da links und rechts unten an der Traverse sind übrigens nach vorn weisende Katzenaugen - am Original bernsteinfarben, nicht rot !


Und da haben wir die rechte Bordwand. Unten vorn an der Stahl-Leiste ist korrekt die Aussparung für den Tankstutzen an einem GMC CCKW 353 - siehe roter Pfeil.
Die anderen runden Dinger an der unteren und oberen Stahl-Leiste sind Auswurfmarken und gehören verschliffen.



Studebaker US6 U7 ... der Tankstutzen geht durch die vorderste Traverse nach oben. Hinter der vordersten Traverse geht der Tankstutzen nach unten in den Tank. So war die Anordnung des Tankstutzens mit Stahlpritsche. Mit Einführung der Holzpritsche wurde der Tankstutzen so geändert, wie er im ICM Bausatz vorhanden ist.

Bildquelle : autogallery.org.ru

Der Studebaker US6 U3 mit Registrierungsnummer U.S.A. W-459565 wurde ursprünglich mit dem geschlossenen Führerhaus gebaut. Er verblieb im Aberdeen Proving Grount und diente als Erprobungsträger für alles Mögliche. So wurde das offene Führerhaus vor Serieneinführung an ihm getestet, ebenso wie die M36 Truck Mount für Kaliber 50 MG (mit beidem ist er hier zu sehen) Es gab noch eine Reihe anderer Versuche, wie z.B. mit aufgebautem M45 Quadmount (Kaliber 50 Vierling). Aber hier geht es um den Tankstutzen. Man kann gut sehen, wie er vorn aus der Traverse ragt.

Bildquelle : panzerserra.blogspot.com

Hätte Gott gewollt dass ich Grünzeug fresse, wär' ich ein Kaninchen !

richtfunker

Vielen Dank für die tollen Bilder! Vor allem beim Ersten sieht man gleich, dass das Fahrzeug schon Einiges mitgemacht hat!

Gibt es Referenz-Material-Empfehlungen? Habe gesehen, dass Tankograd was im Programm hat, z.B. TM-6015 über den GMC und TM-6037 über den Studebaker.
Viele Grüße
Christoph